„Rumpsteak ist Steinbrück“ – Warum Peer Steinbrück nicht Kanzlerkandidat bleiben wird

Nach den Äußerungen Steinbrücks hat die SPD mit ihm als Spitzenkandidaten keine Chance mehr, Angela Merkel bei der nächsten Wahl abzulösen. Das Image des einstigen Hoffnungsträgers als geldfixierter Politiker lässt der Parteispitze nur die Wahl zwischen dem Akzeptieren der Wahlniederlage oder der Ablösung des Spitzenkandidaten. Sie wird sich wohl für letzteres entscheiden.

Wahlentscheidungen sind nicht immer rationale Entscheidungen. Ein wesentlicher Teil der Wählerinnen und Wähler entscheidet aus dem Bauch heraus. Ist der Kandidat sympathisch, wirkt er kompetent, ist eine Identifikationsfigur. Dabei spielen die besetzten Themen und Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner, sowie das momentane Image der Partei und ihres Spitzenkandidaten eine entscheidende Rolle. Sie erzeugen eine „Nestwärme“, die die Wählern anspricht und sie dazu bewegen das Kreuz an der richtigen Stelle zu machen bzw. überhaupt erst wählen zu gehen. Im NRW-Wahlkampf schaffte das Plakat „Currywurst ist SPD“ genau diese emotionale Ansprache der eigenen Wählerinnen und Wähler. Die Partei als Vertreterin eines Lebensgefühls.

Vor allem für die SPD ist es wichtig die eigenen Anhänger überhaupt zur Wahl zu bewegen, da diese im Vergleich zu den Wählern der CDU eine deutlich geringere Wahlneigung haben. Wenn es keinen Wahlkampf mit echten Kontroversen zwischen den beiden großen Volksparteien gibt, schadet das daher in erster Linie den Sozialdemokraten. 2009 setzte die CDU auf eine Demobilisierung der SPD-Wähler durch einen präsidialen Wahlkampf. Keine großen Konflikte, keine Angriffsflächen. Die SPD hatte kein echtes Thema, das ihre Anhänger mobilisierte. So blieben etliche ihrer Wähler zu Hause. Das Ergebnis waren 23% für die SPD und damit deren schlechtestes Bundestagswahlergebnis überhaupt, die Union musste dagegen nur leichte Verluste hinnehmen und Merkel blieb Kanzlerin.

Für die Bundestagswahl 2013 soll nun alles anders werden. Aber bislang zeichnet sich kein großes Thema mit echten Differenzen ab. Beide sind für die Eurorettung, für Haushaltskonsolidierung, gegen Atomkraft und nicht mal mehr der Mindestlohn ist ein Unterscheidungskriterium.

In den vergangenen Wochen versuchte die SPD verstärkt das Thema soziale Gerechtigkeit zu besetzen und so ihren Markenkern zu stärken. Die Idee war gut, aber dann kam die Sache mit Steinbrücks Nebeneinkünften. Anstatt das eigene Profil als Kämpfer für die sozial Benachteiligten zu schärfen, verteidigte Steinbrück seine Vortragshonorare. Seitdem hat der Nebenverdienst-Millionär das Image geldfixiert zu sein. Dass vor allem Unions- und FDP-Abgeordnete zu den Großverdienern gehören, ist dabei in der medialen Wirklichkeit nicht relevant. Das mediale Bild von der Person Peer Steinbrück ist erzeugt und hat zunächst einmal Bestand, unabhängig davon, ob das Bild der Realität entspricht oder nicht.

In so einer Situation muss ein Spitzenkandidat noch mehr als sonst aufpassen was er sagt. Schon eine Äußerung über eine Flasche Wein, kann da die falsche sein. Anstatt sich zurück zu halten, gab Steinbrück zum Besten, dass er eine Flasche Pinot Grigio für „nur fünf Euro“ nicht kaufen würde. Damit zeigte er auf herablassende Art und Weise, dass er in einer ganz anderen Liga als der durchschnittliche SPD-Wähler verkehrt. Das spricht zwar auch die Emotionen der potenziellen Wählerinnen und Wähler an, aber die falschen.

Vergleich Beliebtheit Merkel (54%) und Steinbrück (36%)Es mag zwar ehrlich sein, dass er nicht an einem Coaching teilnehmen möchte, wie man Beliebtheitspunkte sammelt, aber es ist nunmal auch die Beliebtheit entscheidend, wenn man Bundeskanzler werden möchte. Die Bundestagswahl 2002 wäre sicher anders ausgegangen, wenn Stoiber beliebter gewesen wäre.

Seit der Nominierung Steinbrücks als Kanzlerkandidat der SPD ist der Vorsprung Merkels im direkten Vergleich deutlich gewachsen. Im Politbarometer Mitte Dezember lag Merkel mit 54% zu 36% deutlich vorn. Lediglich beim Thema soziale Gerechtigkeit lag Steinbrück vorn, das aber nur mit 31% (Merkel 23%), einem vergleichsweise geringen Wert für einen Sozialdemokraten. Und auch für die SPD geht sieht es nicht rosig aus, sie liegt mittlerweile in Umfragen 10%-Punkte hinter der Union.Vergleich der Eigenschaften von Merkel und Steinbrück

Die Äußerungen der vergangenen Tage dürften Steinbrück noch weiter schaden. Die Äußerung über das Gehalt von Frau Merkel war absolut unklug. Von einem Spitzenkandidaten der SPD erwartet man eigentlich, dass er sich zu Mindestlohn und Lohnungerechtigkeiten am unteren Ende der Gehaltsskala äußert und nicht ein monatliches Gehalt, das manche Arbeitnehmer gerade mal als Jahresgehalt haben, als zu gering kritisiert. Das passt nicht zu der Situation der SPD-Wählerinnen und -Wähler.

Da hilft auch seine Bemerkung für die Beliebtheit von Merkel bei den Wählerinnen wenig. Anstatt etwas dagegen zu tun und eigene Themen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu setzen, um aktiv um Stimmen zu werben, zog Steinbrück die Interviewäußerung Merkel habe einen „Frauenbonus“ vor. Auch damit hat er sich weiter selbst geschadet.

Die SPD hat ein Problem mit ihrem Spitzenkandidaten. Er spricht nicht die Wähler an, sondern vergrault sie. Nach seinen neuerlichen Äußerungen wird er eher noch unbeliebter. Auch die Umfragewerte der SPD werden nicht steigen. Bis zur Wahl wird das Bild der Person Steinbrücks nicht leicht zu ändern sein. Es ist nicht zu erwarten, dass sich der mediale Trend in der nächsten Zeit dreht, dazu sitzt Merkel zu fest im Sattel. Steinbrück wird nicht mehr glaubwürdig über die mangelnde Förderung von Frauen sprechen können. Er wird nicht mehr die Fantasiegehälter von Vorständen kritisieren können. Er wird sich nicht mehr hinstellen können und glaubwürdig die wachsende Schere zwischen arm und reich anprangern können. Steinbrück steht nicht (mehr) für die sozialdemokratischen Kernthemen. Es kommt dabei nicht auf die Wahrheit an, die mediale Wirklichkeit ist entscheidend. Und da hat steht Steinbrück nunmal derzeit alles andere als gut da.

Auch die Strategen im Willy-Brandt-Haus werden sich darüber ihre Gedanken machen und erkennen, dass Steinbrück als Kanzlerkandidat der SPD verbrannt ist. Wenn es noch etwas werden soll mit dem Wahlsieg für die Sozialdemokraten oder zumindest einem Ergebnis, das für einen Machtwechsel reicht, dann nur ohne Steinbrück. Da niemand ausschließen kann, dass es nicht vielleicht doch für eine Neuauflage von Schwarz-Gelb reichen könnte, werden die Sozialdemokraten kämpfen müssen, wenn sie nicht wieder in die Opposition kommen wollen. Eine erneute Niederlage wird niemand im Willy-Brandt-Haus wollen. Die Wende kann jedoch nur mit einem anderen Kandidaten oder einer Kandidatin noch gelingen. Mit einer Person, die glaubwürdig ist, der die Wählerinnen und Wähler vertrauen und die Nestwärme erzeugt. Die Entscheidung ist nicht leicht, aber sie wird fallen. Der jetzige Kandidat ist der falsche.

„Currywurst ist SPD“ aber „Rumpsteak ist Steinbrück“.