„Die Grünen sind keine Gutmenschen“ – sagt die Freiburger CDU
Die Freiburger CDU schmerzt der Machtverlust. Noch vor einigen Jahren war sie in Bund und Land vertreten und war auf kommunaler Ebene die stärkste Kraft. In den letzten Jahren wandelte sich das Lage aber dramatisch. Es gibt keinen CDU-Bundestagsabgeordneten aus Freiburg, im Gemeinderat haben sie mittlerweile zwei Sitze weniger als die Grünen, bei der Oberbürgermeisterwahl im letzten Jahr stellten sie erst gar keinen Kandidaten mehr auf. Der aktuelle Tiefpunkt wurde aber mit der Landtagswahl erreicht. Die Grünen bekamen in Freiburg 42% der Stimmen und damit fast genauso viel wie CDU und SPD zusammen. Beide Freiburger Direktmandate gingen erstmals an die Grünen – die Freiburger CDU ist damit auch nicht mehr auf Landesebene vertreten.
In der gestrigen Sendung Hintergrund des Deutschlandfunks „Das grün-rote Experiment – Regierungswechsel in Baden-Württemberg“ (Update: Jetzt ist auch das Manuskript Sendung online) versuchte unter anderem Daniel Sander den grünen Wahlerfolg zu erklären. Daniel Sander ist stellvertretender Kreisvorsitzender der Freiburger CDU, Gemeinderatsmitglied, Ehrenvorsitzender der Jungen Union Freiburg und bisher Mitarbeiter des nun ausgeschiedenen Landtagsabgeordneten Bernhard Schätzle.
„Die Grünen sind hier in Freiburg in unsere Wählerschichten massiv eingebrochen in den Stadtteilen, wo das gehobene Bürgertum lebt. Den Leuten gehts gut, wir haben keine sozialen Probleme im Großen und Ganzen, wir haben ein gutes Einkommen und dann ist man halt auch leichter bereit, sich für grüne Ideen, die nicht natürlich passé schlecht sind, zu öffnen und dann auch grün zu wählen.“
Soweit so gut, seine Analyse ist jetzt nicht komplett abwegig. Interessant wird es dann aber gegen Ende des Beitrags. Dort macht Daniel Sander, der selbst 2009 vergeblich für den Bundestag kandidierte, seinem Ärger über das schlechte Abschneiden Ende März Luft:
„Die Grünen sind keine Gutmenschen. Sie machen schon auch eine soziale Überwachung hier in Freiburg. Sie wollen viele Dinge vorschreiben, zum Beispiel wollten sie, dass jedes Haus Solarzellen aufs Dach machen sollte. Ich mein das ist grundsätzlich gut, aber man kann doch niemandem vorschreiben, was er zu tun hat und zu machen hat und da gibts halt Grenzen. Das, glaub ich, das wird sicherlich das Ergebnis der fünfjährigen Legislaturperiode sein, dass eine große Ernüchterung stattfindet.“
Dieses Statement enthält doch einige interessante Aspekte:
- Laut Wikipedia ist ein Gutmensch „eine meist abwertend gemeinte Bezeichnung für Einzelpersonen oder Personengruppen („Gutmenschentum“), denen ein übertrieben moralisierendes oder naives Verhalten unterstellt wird. In der politischen Rhetorik wird Gutmensch als Kampfbegriff verwendet.“ Bisher dachte ich immer, dass die CDU die Grünen als „Gutmenschen“ betitelt haben, aber offensichtlich war das wohl anders und die Grünen haben sich immer selber so genannt. Zum Glück schreitet die CDU nun entschieden dagegen ein und macht deutlich, dass die Grünen sich weder übertrieben moralisierend noch naiv verhalten!
- Der Vorwurf die Grünen würden eine „soziale Überwachung“ in Freiburg betreiben, entbehrt nicht einer gewissen Komik angesichts der Forderung von Herrn Sander nach einem kommunalen Ordnungsdienst. Dieser soll in der Freiburger Innenstadt „kontrollieren“ und „abschrecken“.
- Die Sache mit den Dächern in Freiburg hat Daniel Sander wohl ziemlich missverstanden – ob absichtlich oder unabsichtlich sei mal dahingestellt. Vielleicht ist auch einfach schon zu lange her. Im Jahr 2009 stellte die grüne Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik eine Studie vor, die das Potenzial aller Dächer in der Stadt zur solaren Stromerzeugung erhoben hatte. Diese Daten sind für jeden auf der Seite der Stadt abrufbar. Ziel der Aktion war es, dass sich durch die neuen Informationen die Zahl der Solaranlagen in der Stadt verdoppelt. Ein Vorschreiben in der Bereitstellung von Informationen zu sehen, ist durchaus eine geistig reife Leistung.
Wenn das so weiter geht, kommt die Freiburger CDU nie wieder auf einen grünen Zweig!
ich hab das auch zufällig live im dlf gehört und fand vor allem die Einleitung des Beitragssprechers putzig, sinngemäß ungefähr so “ … doch in Freiburg macht sich ein CDU-Politiker Hoffnung“