Geschichten vom Wahlkampfstand [06]: Leere Drohung

Wahlkampfstände sind interessant, abwechslungsreich und manchmal erlebt man auch sehr Skurriles. In einer kleinen Serie erzähle ich in den nächsten Wochen besondere Anekdoten. Heute: Leere Drohung

„Ich habe euch immer gewählt. Aber jetzt wähle ich euch nicht mehr!“ Diese zwei Sätze hört man regelmäßig am Wahlkampfstand. Ein Grund zur Beunruhigung sind sie nicht. Dafür habe ich den Satz schon bei zu vielen Wahlen gehört. In der Regel ist es nur der Beginn einer (zumeist längeren) Diskussion. Der (vermeintlich) frühere Stammwähler macht seinem Ärger Luft und möchte, dass man ihm zuhört. Thematisch sind da keine Grenzen gesetzt. Das geht vom Kosovoeinsatz über die Haushaltspolitik bis zu einzelnen lokalen Bauprojekten, die drei Straßen weiter niemanden interessieren. Da muss man einfach zuhören, diskutieren und dabei die eigene Politik verteidigen. Meist führt das im Laufe des Gesprächs zu einer Versachlichung und nimmt die anfängliche Schärfe.

Die Stimme wird in den wenigsten Fällen wirklich verloren sein. Es ist oft eher der Wunsch nach einer Diskussion über ein bestimmtes Thema als eine tatsächliche Ankündigung. Und was ein langjähriger Stammwähler dann in der Wahlkabine macht, wenn er auf dem Wahlzettel die Alternativen sieht, steht auch auf einem ganz anderen Zettel.