Kategorie: Recht definiert

Juristendeutsch: Das Eisenbahnkreuzungsgesetz

Das Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen – Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG) stammt aus den Sechziger Jahren und regelt die Kreuzung von Straßen und Eisenbahnen. Es regelt den Bau und die Finanzierung der Kreuzungen. Das klingt erstmal ziemlich langweilig und trocken – ist es auch. In § 1 hat der Gesetzgeber die im Gesetz verwendeten Begriffe definiert und dabei Juristendeutsch in Reinform verwendet, was sich durchaus amüsant liest:

§ 1
(1) Dieses Gesetz gilt für Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen.
(2) Kreuzungen sind entweder höhengleich (Bahnübergänge) oder nicht höhengleich (Überführungen).
(3) Eisenbahnen im Sinne dieses Gesetzes sind die Eisenbahnen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, sowie die Eisenbahnen, die nicht dem öffentlichen Verkehr dienen, wenn die Betriebsmittel auf Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs übergehen können (Anschlußbahnen), und ferner die den Anschlußbahnen gleichgestellten Eisenbahnen.
(4) Straßen im Sinne dieses Gesetzes sind die öffentlichen Straßen, Wege und Plätze.
(5) Straßenbahnen, die nicht im Verkehrsraum einer öffentlichen Straße liegen, werden, wenn sie Eisenbahnen kreuzen, wie Straßen, wenn sie Straßen kreuzen, wie Eisenbahnen behandelt.
(6) Beteiligte an einer Kreuzung sind das Unternehmen, das die Baulast des Schienenwegs der kreuzenden Eisenbahn trägt, und der Träger der Baulast der kreuzenden Straße.

Wie lange haben die wohl daran gearbeitet?

Die Juristen und ihre Definitionen: Die Eisenbahn

Die Definition der EisenbahnWas ist eine Eisenbahn? Diese Frage musste das Reichsgericht 1879 entscheiden. Ein Eisenbahnbauunternehmer hatte für die Erdarbeiten beim Bau einer Eisenbahnstrecke eine Schmalspurbahn gebaut. Bei einem Unfall kippten einige der Wagen der Schmalspurbahn um und verletzten dabei einen Arbeiter. Dieser verlangte nun Schadensersatz nach § 1 Reichshaftpflichtgesetz. Dieser besagte:

„Wenn bei dem Betriebe einer Eisenbahn ein Mensch getödtet oder körperlich verletzt wird, so haftet der Betriebs-Unternehmer für den dadurch entstandenen Schaden, sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eigenes Verschulden des Getödteten oder Verletzten verursacht ist.“

Damals war umstritten, ob auch eine provisorische Eisenbahn wie die verunglückte Schmalspurbahn eine Eisenbahn im Sinne des § 1 Reichshaftpflichtgesetz ist. Während dem Kläger in der ersten Instanz noch Schadensersatz zugebilligt worden war, verneinte die zweite Instanz die Anwendung des Reichshaftpflichtgesetzes. Dieses sei nur auf öffentliche Eisenbahnen anwendbar und hier handele es sich lediglich um ein Hilfsmittel des Eisenbahnbauunternehmers. Daraufhin musste das Reichsgericht diese Frage entscheiden. Dieses kam seiner Aufgabe nach und definierte das Wort „Eisenbahn“ in einem einzigen, kurzen und durchaus prägnanten Satz:

„Ein Unternehmen, gerichtet auf wiederholte Fortbewegung von Personen oder Sachen über nicht ganz unbedeutende Raumstrecken auf metallener Grundlage, welche durch ihre Konsistenz, Konstruktion und Glätte den Transport großer Gewichtmassen, beziehungsweise die Erzielung einer verhältnismäßig bedeutenden Schnelligkeit der Transportbewegung zu ermöglichen bestimmt ist, und durch diese Eigenart in Verbindung mit den außerdem zur Erzeugung der Transportbewegung benutzten Naturkräften (Dampf, Elektrizität, thierischer oder menschlicher Muskelthätigkeit, bei geneigter Ebene der Bahn auch schon der eigenen Schwere der Transportgefäße und deren Ladung usw.) bei dem Betriebe des Unternehmens auf derselben eine verhältnismäßige gewaltige (je nach den Umständen nur bezweckter Weise nützliche, oder auch Menschenleben vernichtende und menschliche Gesundheit verletzende) Wirkung zu erzeugen fähig ist.“

Der Bauunternehmer sei daher auch Unternehmer einer Eisenbahn im Sinne des § 1 Reichshaftpflichtgesetz, so dass der verletzte Arbeiter Schadensersatz erhalte.

Wenn man schon mal entscheiden darf was eine Eisenbahn ist, dann aber auch richtig! Sonst könnte es ja noch Schwierigkeiten bei der Beurteilung geben.

[Urteil vom 17. März 1879; RGZ 1, 247, 252]