Kategorie: Politik

Konflikte muss man lösen! – Mail an die grüne Fraktion im Main-Kinzig-Kreis

Die grüne Kreistagsfraktion im Main-Kinzig-Kreis will ihrem Mitglied und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Daniel Mack das Twittern und Bloggen seiner eigenen Meinung verbieten. Künftig soll er alle Inhalte vorher der übrigen Fraktion vorlegen und nur nach der Genehmigung veröffentlichen. Dies wollte Daniel nicht akzeptieren und tritt zum 31. Oktober als stellvertretender Fraktionsvorsitzende zurück.

Der Streit schwelt nun seit ein mehreren Tagen und wurde von verschiedenen Medien aufgegriffen. Mittlerweile geht er sogar schon über die hessische Landespolitik hinaus. Von einer Lösung sind die Beteiligten jedoch weiter entfernt denn je. Immerhin hat Daniel vor ein paar Tagen einen offenen Brief an seine Fraktionskollegen geschrieben (dort findet sich auch eine Übersicht der Medienberichte), nach einer Lösung sieht es momentan aber dennoch nicht aus.

Nachdem ich in den letzten Tagen von mehreren Seiten auf das Thema angesprochen wurde, habe ich gestern Abend an alle Fraktionsmitglieder folgende Mail geschrieben:

„Liebe/Lieber,

ich bin verwundert, dass Du und die übrigen Fraktionsmitglieder über die Frage der freien Meinungsäußerung diskutiert. Ich bin erschreckt, dass Du und die anderen Fraktionsmitglieder die Äußerung einer persönlichen Meinung kontrollieren und nur bei Gefallen freigegeben werden wollt. Ich bin bestürzt, dass ihr euch darüber seit Tagen öffentlich streitet, bisher aber nicht in der Lage seit den Konflikt zu lösen.

Als grünes Mitglied wurde ich in den letzten Tagen von verschiedenen Seiten auf den „Twitter-Maulkorb“ angesprochen. Die ganze Auseinandersetzung und die dazugehörige mediale Berichterstattung ist für Außenstehende nicht verständlich. Wir sind eine Partei, die sich für Grundrechte einsetzt. Wir sind eine moderne Partei und wir stehen modernen Kommunikationsmitteln offen gegenüber, setzen sie auch ein. 2-Wege-Kommunikation habt ihr in eurem Wahlkampf doch selbst propagiert! Aber was macht ihr? Ihr wollt, dass jeder (ich nehme mal an, dass es nicht nur für Daniel Mack gilt) seine Äußerungen bevor er sie öffentlich tätigt der restlichen Fraktion vorlegen soll.

„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten.“ So lautet Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz. Da steht nichts von „vorheriger Abstimmung mit der übrigen Fraktion“. Jeder! Und nein, es ist total egal, ob es ein Abgeordneter ist oder nicht. Gerade Abgeordnete sollen und müssen sich frei äußern dürfen! Nicht so in Deiner Fraktion: „Wir haben große Schwierigkeiten damit, wenn jemand aus seiner Sicht heraus Sachen kommentiert, die sich mit der Meinung der Fraktion nicht decken“, sagte Fraktionsvorsitzender Bousonville auf Nachfrage von hr-online.

Hast Du Dir eigentlich mal überlegt was das heißt? Wenn Du mit Freunden über Politik redest, kannst Du dich nicht nur – nein, Du darfst dich nicht äußern, ohne vorher deine Fraktion gefragt zu haben. Du darfst mit keinem Bürger mehr über irgendein Anliegen oder Projekt reden, ohne nicht jede Antwort oder Aussage vorher abgestimmt zu haben. All das wären eine politische Äußerung, die der Fraktionsmeinung widersprechen könnte. Du hast Dir selbst Deine eigene politische Meinung verboten – versteckst Dich hinter der Fraktionsmeinung! Das nenne ich mal mutige Politik! Nein, es spielt auch keine Rolle, dass Du alleine mit Freunden zusammen sitzt und ihnen klar ist, dass es Deine eigene Meinung ist. Daniel Mack twittert unter seinem eigenen Account (@danielmack), mit seinem eigenen Bild und mit dem Hinweis, dass es sich um seine Privatmeinung handelt. Er bloggt auf seiner Webseite ( http://danielmack.de ), ohne ein Logo der Grünen und mit dem Hinweis, dass es sich um seine Privatmeinung handelt. – Du siehst, selbst dass reicht nicht aus! Daniel Mack „erweckte dabei den Eindruck, er sei der Sprecher der Fraktion“ (Reiner Bousonville in der Fuldaer Zeitung), „Nach außen hin wird der Eindruck erweckt, Daniel Macks Meinung sei Mehrheitsmeinung der Fraktion“, klagt Bousonville. (TAZ)“

Ich muss etwas übersehen haben, denn ich habe keinen Tweet oder Blogbeitrag gefunden, in dem Daniel Mack für die gesamte Fraktion gesprochen hat. Da ich mir nicht vorstellen kann, dass es sich lediglich um eine leere Behauptung handelt, wäre Ich Dir daher sehr dankbar, wenn Du mir zumindest einen entsprechenden Beitrag nennen könntest/würdest!

Siehst Du eigentlich nicht was die Außenwirkung des Konflikts sind? Wie viel ihr damit kaputt macht? Wie sehr ihr der gesamten Partei schadet? Wir Grünen in der restlichen Republik stehen unter Rechtfertigungsdruck und sollen eure Entscheidung erklären. Es tut mir leid, ich kann es nicht! Ich verstehe sie nicht! Ich kann sie nicht nachvollziehen und daher auch nicht erklären!

Es ist nachvollziehbar, dass es für beide Seiten nicht leicht ist, in einem gemeinsamen Gespräch den Konflikt zu beenden. Aber was ist die Alternative? Das Problem totschweigen ändert nichts an der Situation für die Gesamtpartei. Auch kann ich mir kaum vorstellen, dass ihr als Fraktion so vertrauensvoll zusammenarbeiten könntet, wenn ein heftiger Konflikt ungelöst unter den Teppich gekehrt wurde.

In der Politik gibt es Konflikte. Das ist normal und gehört dazu. Entscheidend ist nur, ob man auch in der Lage ist, diese vernünftig zu beenden und eine gemeinsame Lösung zu finden, oder ob man sich lieber weiterhin wie die kleinen Kinder mit Bauklötzchen bewirft und nicht mehr mit dem anderen redet!

Viele Grüße,

David“

Wer den Schaden hat…

…braucht für den Spott nicht zu sorgen. Die Wahlparty Trauerfeier der FDP in Berlin bekam gestern Besuch von der PARTEI und der Hedonistischen Internationale.

Als im Thomas-Dehler-Haus, der Bundeszentrale der FDP, um 18 Uhr die Prognose übertragen wird, bricht Jubel aus. Obwohl die FDP nur 1,8 % geholt hat und aus dem Abgeordnetenhaus fliegt wird das Ergebnis gefeiert, Konfetti fliegt in die Luft und Sprechchöre feiern das phänomenale Abschneiden der Freien Demokraten.

Etwa 50 Aktivisten der Hedonistischen Internationale und der Partei „Die Partei“ hatten sich in Abendgarderobe in die Wahlparty eingeschlichen, jede Menge Freibier getrunken und das Jahrhundert-Ergebnis frenetisch gefeiert.

Ein Aktivist sagt im Interview: „Wir hatten großen Rückenwind der Bundespolitik, so haben wir doch noch dieses phänomenale Wahlergebnis von unter 2 Prozent erstritten. Ohne eine harte Ansage gegen Griechenland wäre das nicht möglich gewesen. Deswegen kann man sagen, vom Ergebnis her: „Die FDP ist wieder da…“

Beim ZDF passen irgendwie Bild und Kommentar nicht so ganz zusammen:

Der PARTEI-Vorsitzende Martin Sonneborn kommentierte das FDP-Wahldebakel mit den Worten: „Wir freuen uns, dass die letzte Spaßpartei in Berlin rausgeflogen ist.“

Antwort vom Innenminister

Auf meinem Brief an Bundesinnenminister Friedrich bekam ich bereits nach wenigen Tagen eine Antwort von einem der Mitarbeiter des Ministers. Urlaubsbedingt komme ich jetzt erst dazu diese hier zu veröffentlichen.

„Sehr geehrter Herr Vaulont,

haben Sie vielen Dank für den konstruktiven Brief.

Bundesinnenminister Dr. Friedrich hat mehrfach – u.a. auf dem Kirchentag in Dresden – betont, dass er keine gesetzliche Pflicht will, sich ständig und überall im Netz ausweisen zu müssen. Selbstverständlich muss weiterhin die Möglichkeit bestehen, Pseudonyme zu verwenden. Gerade für Internet-Angebote der Seelsorge und Beratungsstellen ist dies unverzichtbar.

Die Frage nach der Anonymität im Internet hat jedoch viele Facetten und lässt sich nicht mit einem klaren Ja oder Nein, Schwarz oder Weiß beantworten.

Die jüngsten Äußerungen des Bundesinnenministers bezogen sich auf Blogs, in denen Menschen unter Pseudonymen radikale politische Ansichten verbreiten. Sie bilden Fassaden, hinter die niemand schauen soll. Sie entziehen sich damit der demokratischen Streitkultur. Das mag ihr gutes Recht sein, aber es ist letztlich feige.

Dem Bundesinnenminister geht es darum, dass gerade diejenigen, die mit ihren politischen Radikalthesen am lautesten prahlen, sich nicht hinter einer Maske verstecken, sondern mit offenem Visier streiten. In einer Demokratie können und müssen wir uns das leisten.

Mit freundlichen Grüßen“

Textbausteine sind schon was tolles. Nur leider gab es offensichtlich nicht für alle von mir angesprochenen Punkte welche.

Irgendwie juckt es mich in den Fingern, darauf eine Antwort zu schreiben!

Brief an Innenminister Friedrich

Nach seinen Äußerungen im Spiegel habe ich den folgenden Brief an Innenminister Hans-Peter Friedrich geschickt.

Sehr geehrter Herr Bundesinnenminister Dr. Friedrich,

nach Ihren Äußerungen im Spiegel zu den Anschlägen in Norwegen möchte ich mich direkt an Sie wenden. Ich kann ihre Aussagen nicht wirklich nachvollziehen, und da Sie ja immer wieder fordern, man solle sich der Auseinandersetzung offen stellen, tue ich dies hiermit. Vielleicht stellen Sie sich ja auch und antworten mir.

Herr Dr. Friedrich, Sie und ich haben etwas gemeinsam. Die Anschläge von Norwegen haben bei Ihnen und bei mir die gleichen Gefühle hervorgerufen. Betroffenheit, dass ein einzelner Irrer mit verquerem Weltbild über sechzig Menschen tötet. Entsetzten, dass plötzlich aus dem Nichts mitten auf einer Insel Jugendliche regelrecht abgeschlachtet werden. Wut, dass die Anschläge nicht verhindert werden konnten. Aber auch Angst. Angst, dass auch hier ein Psychopath im Namen (s)eines Weltbildes Anschläge verübt. Ja, diese Gefühle habe ich genauso wie Sie und genauso wie viele andere Menschen in Deutschland.

Aber da hören unsere Gemeinsamkeiten auch schon auf. Sie ziehen andere Schlüsse aus den Attentaten als ich. Während Sie das Internet als potenzielle Gefahrenquelle ansehen und die Sicherheitsgesetze verschärfen wollen, teile ich eher den norwegischen Standpunkt, auch in diesen Zeiten lieber die Freiheit zu verteidigen. Wir beide liegen da weit auseinander. Vielleicht ist der Altersunterschied zwischen uns beiden schuld daran. Vom Alter her könnten Sie mein Vater sein. Während es in Ihrer Kindheit weltweit nur ganz wenige Computer gab, bin ich mit dem Internet groß geworden. Es gehört für mich einfach dazu. Es ist für mich normal, mich täglich im Internet zu bewegen.

Ein bisschen kann ich Ihre Skepsis vor dem Internet verstehen. Wer nicht damit groß geworden ist, sich nicht ständig im Internet bewegt, für den kann es etwas beängstigendes haben. Ein weltweites Netz mit einer Fülle von Informationen. So groß dass es niemand überblicken kann. Jeder ist mit jedem vernetzt. Daten werden in Sekundenbruchteilen quer über den ganzen Globus geschickt, über staatlichen Grenzen hinweg. Für die einen ist das faszinierend, für die anderen unter Umständen angsteinflößend.

Ihre Aussagen im Spiegel kann ich hingegen nicht nachvollziehen:

  1. „Politisch motivierte Täter wie Breivik finden heute vor allem im Internet jede Menge radikalisierter, undifferenzierter Thesen, sie können sich dort von Blog zu Blog hangeln und bewegen sich nur noch in dieser geistigen Sauce“, sagten Sie im Spiegel. Wer radikale und undifferenzierende Thesen sucht, der findet sie. Allerdings trifft das nicht nur auf die digitale Welt zu. Ist Ihnen schonmal aufgefallen, dass Ihr Zitat auch recht gut auf Stammtische passt? Also diese Treffen zur gemeinsamen Diskussion gesellschaftlicher Probleme und komplexer politischer Lösungskonzepte bei gleichzeitigem Konsum alkoholischer Getränke? So traurig es ist, aber die allermeisten Menschen wollen nur das lesen und hören, was ihre eigene Meinung bestätigt. Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Meinung? Fehlanzeige. Das ist aber kein internetspezifisches Problem. Der CDUler ließt die FAZ und der Linke die Junge Welt. Ich finde es sehr löblich von Ihnen, dass Sie das Problem als solches erkannt haben und für eine stärkere Auseinandersetzung mit komplexen Thesen und gegenteiligen Ansichten plädieren. Nur irgendwie kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, Sie bezögen Ihre Aussage nur auf das Internet.
  2. „Wir haben immer mehr Menschen, die sich von ihrer sozialen Umgebung isolieren und allein in eine Welt im Netz eintauchen. Dort verändern sie sich, meist ohne dass es jemand bemerkt. Darin liegt eine große Gefahr, auch in Deutschland.“ Entweder man bemerkt etwas von der Veränderung und kann deshalb etwas über deren Anzahl und das Gefahrenpotenzial sagen oder man bemerkt es nicht. Dann kann man aber auch nichts über deren Anzahl sagen. So wie Sie diese Sätze gesagt haben, passen sie denklogisch nicht zusammen und klingen nur nach billiger Angstmache.
  3. Laut dem Spiegel machen Sie für die Bildung einer aggressiven islamfeindlichen Bewegung in Europa auch Islamisten mitverantwortlich. Sie werden mit den Worten zitiert: „Man muss auch sehen, dass der Missbrauch des Islam durch islamistische Gewalttäter dazu beigetragen hat.“ Wenn ich das richtig verstehe, ist das Christentum jetzt also mitverantwortlich, wenn sich nun eine aggressive christenfeindliche Bewegung bildet, da der Attentäter von Norwegen sich selbst als christlicher Fundamentalist bezeichnet!?
  4. Bei Ihrer Aussage, die Grundsätze der Rechtsordnung „müssen auch im Netz gelten“, frage ich mich, ob Sie als Jurist wirklich glauben, dass unsere Rechtsordnung nicht im Internet gilt. Was meinen Sie, warum werden Internetnutzer wegen Urheberrechtsverletzungen abgemahnt? Warum kann man im Internet Verträge schließen? Warum Kinderpornografie im Internet bekämpft wird? Einfach so, ohne Rechtsgrundlage, oder vielleicht, weil unser Recht auch im Internet gilt?! Ihre Aussage zeugt entweder von einem massiven Missverständnis oder von Böswilligkeit. Zu Ihren Gunsten gehe ich mal nicht von Letzterem aus. Versuchen Sie einfach ein Delikt zu nennen, dass in der „analogen Welt“ strafbar, in der „digitalen Welt“ aber straffrei ist!
  5. Ihre Forderung Blogger sollten „mit offenem Visier“ argumentieren, ist jetzt nicht ganz so neu und ist sogar schon umgesetzt. Das ganze nennt sich „Impressumspflicht“ und ist in §§ 5, 6 Telemediengesetz (TMG) und § 55 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) geregelt. Jeder Blogger muss in seinem Blog seinen Namen und seine Anschrift angeben – so viel zum Thema rechtsfreier Raum. Dass sich nicht jeder daran hält, bedeutet nicht automatisch, dass es schärferer Gesetze bedarf. Oder fordern Sie auch schärfere Gesetze gegen Temposünder, weil sich einige Autofahrer nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten?!

Ich würde gerne Ihre Auffassung verstehen, kann es aber nicht. Ich habe den Eindruck, dass Sie anstatt besonnen zu (re)agieren eine angstgeleitete und polemische Politik betreiben.

Sie fordern einen Dialog, beziehen das aber lediglich auf die Zuwanderer. Vielleicht sollten Sie einen generellen Dialog fordern, „der allen gerecht wird, nicht nur der Minderheit, sondern auch der Mehrheit, die hier lebt“. Laut ARD/ZDF-Onlinestudie 2011 gibt es heute nämlich 51,7 Mio. Internetnutzer in Deutschland. Das entspricht 73,3% der Bevölkerung. Die Mehrheit ist im Internet.

Der Zuwachs geht übrigens vor allem auf die Über-60-Jährigen zurück. Allein der Altersunterschied zwischen Ihnen und mir, kann also nicht der Grund für die unterschiedliche Auffassung in Bezug auf das Internet sein.

Mit freundlichen Grüßen

David Vaulont

Update: Hier ist die Antwort des Innenministers

Die Grünen und der Atomausstieg: Dafür oder dagegen sein?

Es ist einer der zentralen Inhalte der Grünen. Jahrzehnte lang haben sie dafür gekämpft. Nach einer Niederlage vor einem halben Jahr ist die Partei nun an ihrem Ziel: Deutschland steigt aus der Atomkraft aus! Anders als bei dem rot-grünen Ausstiegsbeschluss ist es diesmal ein Konsens über alle Parteigrenzen hinweg.

Eine schwarz-gelbe Regierung beschließt den Ausstieg. Vor vier Monaten war das noch undenkbar. Mit Fukushima reifte jedoch sogar bei der FDP die Erkenntnis, dass sich das Restrisiko auch in einem Hochtechnologieland realisieren kann.

Am kommenden Wochenende entscheidet nun die grüne Basis über das schwarz-gelbe Ausstiegskonzept. Während die Parteispitze für den Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg wirbt, sind Teile der Basis dagegen. Ihnen geht der Regierungsentwurf nicht weit genug.

Aber ist das ein Grund für eine komplette Ablehnung? Sicher, es gibt durchaus berechtigte Kritik. Ein Ausstieg wäre bereits 2017 möglich und Sicherheit der AKWs wurde auch schon mal größer geschrieben, die Endlagerfrage ist weiterhin ungeklärt. Aber müssen sich Grüne deshalb gegen diesen geplanten Atomausstieg wenden? Es ist eine absurde Situation, dass nun Grüne heftig über Zustimmung oder Ablehnung streiten, zumal eigentlich alles schon entschieden ist. 2022 gehen die letzten AKWs vom Netz. Damit hält sich die Regierung an den Zeitplan von Rot-Grün und ohne das Atomcomback-Intermezzo im letzten Herbst wäre der Zeitplan für den Ausstieg der gleiche. Letztendlich ist es egal, ob die Grünen im Bundestag zustimmen oder nicht. Die Mehrheit steht. Damit haben die Grünen eines ihrer Kernthemen verwirklicht: Ein breiter gesellschaftlicher Konsens, über alle Parteigrenzen hinweg, in Sachen Atomausstieg. Die Grünen müssen sich entscheiden, ob sie Teil dieses Konsenses sein wollen oder nicht.

Ja, wir wollen aussteigen. Und ja, der Plan von schwarz-gelb ist nicht ehrgeizig genug. Und ja, es gibt berechtigte Kritik. Aber sollen wir deshalb der CDU eine Steilvorlage liefern? Wollen wir wirklich schmollend in der Ecke sitzen, während die anderen Parteien aussteigen? Frei nach dem Motto „Alles oder nichts”?

Ohne die Grünen wären wir nicht da, wo wir heute sind. Die Regierung hat bei ihrem Ausstiegsentwurf einen großen Schritt auf die kleinste Oppositionspartei im Bundestag gemacht. Vieles in dem Regierungsentwurf sind grüne Ideen. Das grüne Ausstiegskonzept und das Regierung sind keine zwei sich widersprechende Konzepte. Das Grüne geht weiter und ist ehrgeiziger als die schwarz-gelbe „Basisversion”. Die Forderung nach mehr Sicherheit, einem schnelleren Ausstieg und der Lösung der Endlagerfrage müssen und werden die Grünen im Bundestag stellen. Wenn es dafür aber – wie zu erwarten ist – keine Mehrheit gibt, können die Grünen dennoch dem schwarz-gelben Antrag zustimmen, gerade weil diese „Basisversion“ viele grüne Ideen enthält und die Grundtendenz sich mit bisherigen Forderungen der Partei deckt. Ein grünes „Ja, aber schneller und sicherer” ist etwas ganz anderes als ein „Nein”!

Ein „Ich bin dagegen, weil ich für mehr bin” ist weder nachvollziehbar noch verantwortungsvolle Politik. Der Atomausstieg ist Konsens und kommt. Ob mit oder ohne den Grünen.

Ausgezeichnete Vorurteile

Vorurteile schüren zahlt sich nun also auch noch aus. Zwei „Journalisten“ der Bild-Zeitung wurden für ihre Griechenland-Berichterstattung mit dem Herbert Quandt Medien-Preis ausgezeichnet!

Während der Henri-Nannen-Preis für die beste Reportage dieses Jahr nachträglich aberkannt wurde, da der Spiegel-Autor in seinem Artikel falsche Tatsachen vorspiegelte, nimmt die Johanna-Quandt-Stiftung es offenbar nicht ganz so genau mit den journalistischen Ansprüchen. Michalis Pantelouris zeigt recht deutlich, wie die Bild-Redakteure es mit der Objektivität halten. Auch Bildblog geht darauf näher ein.

Einmal mehr zeigt sich, dass für Bild nur ihre Geschichte zählt. Was nicht passt wird passend gemacht. Und wenn sie sich in den Kopf gesetzt haben, die Griechen sind faule Säcke, die sofort aus dem Euro raus sollen, dann wird eben alles darauf ausgerichtet. Über Wochen Monate eine Kampagne gegen die Griechen fahren zu können, ist offenbar alles was zählt. Mit ihren großen Überschriften beeinflussen hetzen sie einen Teil der Bevölkerung gegen die Griechen auf. Kollateralschäden inklusive. Und nun kann sich die Bild dafür also auch noch feiern! Johanna-Quandt-Stiftung das habt ihr toll gemacht!

Zwei Medienpreise, die beide nicht unterschiedlicher mit der journalistischen Wirklichkeit umgehen könnten. Die einen nehmen ihre Entscheidung zurück, als Vorwürfe bekannt werden, die anderen verleihen trotz der bekannten Vorwürfe.

Die technikbegeisterte Bürgermeisterin von Bad Orb

Die Möglichkeiten der Technik haben schon seit jeher Menschen fasziniert. Das Leben vereinfachen, Probleme lösen, die Kosten senken. Die Verlockungen der neusten Technik sind groß. Die Ergebnisse des Einsatzes sind jedoch nicht immer wie erhofft. Mal funktioniert sie nicht so wie versprochen oder es gibt unerwünschte Nebenwirkungen.

In der hessichen Kleinstadt Bad Orb ist nun ein besonderer Fall zu beobachten. Die parteilose Bürgermeisterin Helga Uhl ist der Technik-Faszination erlegen und von nun an wird den Freibadbesuchern des Tourismusortes eine besondere Aufmerksamkeit zuteil. Denn alle Inhaber einer Saisonkarte müssen sich per Fingerabdruck legitimieren. Kein lästiges Kartensuchen mehr, nein, ganz einfach den Finger auf das Lesegerät gelegt und einem entspannten Schwimmbadbesuch steht nichts mehr im Wege. Natürlich gibt es wieder irgendwelche ewig gestrigen Technikfeinde wie Daniel Mack und der Landesdatenschutzbeauftragte von Hessen, die nun einen auf Spielverderber machen und kräftig an dem System herummeckern wegen den paar Daten, die da anfallen.

Aus Sich des Datenschutzes ist das auch alles gar kein Problem, denn die Abgabe ist ja freiwillig. Gut, jeder der eine Saisonkarte will, muss seine Fingerabdrücke abgeben, aber ist ja seine Entscheidung, wenn er unbedingt so oft ins Freibad möchte. Muss er ja nicht.

Grund für diese fortschrittliche Maßnahme ist der hohe Schaden durch die Weitergabe der Saisonkarten durch den Zaun. Der eine geht rein und gibt seine Karte über den Zaun, sodass der nächste ebenfalls mit dieser Karte das kühle Nass genießen kann. Zwei (oder gar noch mehr) Besuche zum Preis von einem. Das ist mittlerweile ein großes Problem. Sagt die Bürgermeisterin. 5.000-10.000 € Schaden. Sagt die Bürgermeisterin. Die Lösung dafür ist das neue System. Sagt die Bürgermeisterin. Und diese kostengünstige Lösung ist schon für nur 8.000 € zu haben. Pro Jahr. Für die nächsten fünf Jahre. Also insgesamt 40.000 €. Das spart doch eine ganze Menge! Aber nur wenn der Schaden am oberen Ende der eigenen Prognose ist. Aber so genau weiß man das ja nicht. Denn es ist nur eine Vermutung, die genauso richtig oder genauso falsch ist wie eine gegenteilige Behauptung – zB. der Schaden betrage nur 500-1.000 €.

Um zu wissen wie hoch der Schaden tatsächlich ist, müssen die Betrügereien gezählt werden. Dazu gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder es sitzt Personal an der Kasse und kontrolliert die Karten. Da sich auf den Karten keine Passbilder befinden und an der Kasse niemand sitzt, scheidet diese Möglichkeit aus. Zudem wäre nur eine Zählung der Versuche möglich, bei denen gar kein Schaden eintritt, alle „erfolgreichen“ Betrügereien fallen dem Kassenpersonal ja gerade nicht auf, so dass auch deren Zählung nicht möglich ist. Bleibt also noch die Variante, dass die Personen, die ihre Karte über den Zaun reichen, dabei vom Personal beobachtet werden. Diese müssten/würden dann aber einschreiten und es nicht zulassen, dass auf diesem Wege ein kostenloser Eintritt ermöglicht wird. Also scheidet auch diese Variante aus. Es ist also nicht nachvollziehbar wie viele Personen sich einen kostenlosen Schwimmbadbesuch erschleichen. Wie Frau Uhl dann zu ihrer Schadensschätzung kommt, bleibt ihr Geheimnis.

Wäre es nicht noch besser die Schwimmbadbesucher am Eingang zu filmen und per Gesichtserkennung automatisch den Zutritt zu verweigern, wenn die betreffende Person ein Hausverbot bekommen hat? Man könnte die Touristen bei ihrer Ankunft in Bad Orb fotografieren und von ihnen dann automatisiert einen verbilligten Eintritt verlangen. Und wozu braucht man eigentlich die vielen Bademeister? Reichen nicht ein paar Kameras, die softwaregestützt die Schwimmbecken überwachen und den letzten noch vorhandenen Bademeister (irgendwann kann das auch ein Roboter machen) informieren, wenn jemand droht unterzugehen, sonst Hilfe braucht oder sich einfach nur daneben benimmt? – Die neue Technik kann alles. Man muss es nur wollen. Und wenn es Widerstände gibt, müssen halt gute Begründungen her. Da macht sich ein – vermeintliches – Problem sehr gut. Am besten irgendwas mit einem Schaden für die Gemeinde. Dessen Höhe kann man ja einfach schätzen. Gut, beim nächsten mal sollte man den Schaden höher schätzen als die Kosten der angestrebten „Lösung“. An dem Punkt hat sich Frau Uhl jetzt nicht ganz so clever angestellt. Aber egal.

Hauptsache moderne Technik wird eingesetzt. Mit so einer technikbegeisterten Bürgermeisterin schaut Bad Orb in eine rosige Zukunft.

P.S.: Wie wäre es eigentlich, wenn nach dem Eintritt mit einer Saisonkarte, diese für zB. die nächste Stunde gesperrt wird, sodass man in dieser Zeit das Bad nicht noch einmal mit dieser Karte betreten kann? – Nein, das geht natürlich nicht. Die Lösung wäre ja viel zu einfach. Außerdem kann man sich so ja nicht die tolle neue Technik kaufen.

Mal wieder eine „super“ Werbung der Junge Union

Die Junge Union versucht immer wieder neue Mitglieder zu werben. Die Betonung liegt auf „versucht“. Denn die Werbung ist meistens schei hat nur eine mäßige sehr geringe Überzeugungskraft.

Nun war mal wieder die Junge Union Bayern an der Reihe. Mit einem Dornrösschen-Spot samt Blaskapelle sollen „Macher gesucht“ werden. Ob die, auf diesem Wege Gesuchten, tatsächlich in die Junge Union eintreten, darf zumindest stark in Zweifel gezogen werden.

Aber vielleicht bin ich auch einfach nicht die Zielgruppe, die sich mit zweideutigen Anspielungen („Jetzt blos I Dir an Marsch!“) in eine politische Partei locken lässt. Wenn die Inhalte nicht überzeugen, müssen halt andere Mittel her!

Georg Schramm beim Kleinkunstpreis Baden-Württemberg 2011

Als Georg Schramm am 30. April beim Kleinkunstpreis Baden-Württemberg den Ehrenpreis erhielt, nahm er kein Blatt vor den Mund und polterte bissig gegen die versammelten CDU-Mitglieder. Die fanden das natürlich nicht ganz so witzig und pöbelten was das Zeug hielt. Bei der Badischen Zeitung gibts die ganze Geschichte. Nun ist seine Rede – zwar nur der Ton, aber immerhin – nun online:

Vorurteile sind was tolles!

Wie schön sind doch Vorurteile! Sie vereinfachen das Leben ungemein. Alles wird so viel leichter, wenn es für alles die passende Schublade gibt. Fremde Menschen, Länder und Kulturen kann man mit Vorurteilen so viel besser einschätzen. Frei nach dem Motto: „Kennst du einen, kennst du alle“.

Und nun sind es also die Südländer, die alle nur faul in der Sonne liegen, zu viel Urlaub machen und zu früh in Rente gehen. Kein Wunder also, dass es denen nun schlecht geht. Aber wenn die so weiter machen, wird das nichts mit der deutschen Hilfe. Wäre ja noch schöner, dass wir uns hier anstrengen und die bekommen dann unser hart erarbeitetes Geld geschenkt! Sagt zumindest die Merkel. Und die muss es ja schließlich wissen. Über die Ostdeutschen gibt es ja auch einige Vorurteile.

Gerade in Krisenzeiten ist es so viel besser nationalstaatlich zu denken und sich gegenseitig zu beschimpfen, als die europäische Idee zu befeuern und nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen. Dieser Euro ist doch eh nur Mist. Erst machte er alles teurer und nun sollen wir für alle anderen mitbezahlen!? Es wäre doch allen geholfen, wenn wir das Projekt Euro beenden. Unsere Wirtschaft wird sicher total boomen, wenn es wieder 17 Währungen statt einer sind. Seien wir doch ehrlich, Geldtauschen bei der Einreise macht doch Spaß! Hoffentlich gibt es dann auch wieder Zölle! Dann profitieren wir endlich auch mal von den ganzen spanischen und osteuropäischen LKWs, die dauernd über unsere Straßen fahren, die von unseren Steuergeldern bezahlt wurden! Es kann nicht angehen, dass die uns hier alles kaputt machen und dann auch noch für ihre eigenen Länder Geld von uns haben wollen!

Nein, liebe faulen Südländer, ihr löffelt die Suppe, die ihr euch selbst eingebrockt habt, schön selbst aus. Wenn ihr wolltet, könntet ihr ja arbeiten, aber anstatt die Wirtschaft anzukurbeln, liegt ihr nur auf der faulen Haut.

Wir sollten viel mehr Politik mit Vorurteilen machen! Das ist so viel einfacher und besser verständlich. Keine komplizierte Konzepte, langwierigen Debatten und genaue Analysen mehr, sondern schön einfach und für jeden verständlich. Das wäre toll!