Auf Antwort von Herrn Weinrich (Geschäftsführender Vorstand des Interessenverband des Video- und Medienfachhandels in Deutschland e.V.) habe ich erneut reagiert:
„Sehr geehrter Herr Weinrich,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
„Selbstverständlich kann man ein Thema nur aus einem Gesichtspunkt betrachten, dann sollte man aber nicht behaupten, dass man nicht nur einen Blickwinkel einnimmt (30).“
In der Tat kann man an ein Thema entweder pessimistisch oder optimistisch herangehen. Dennoch kann man mit einer optimistischen Sicht auf das Internet verschiedene Blickwinkel einnehmen. Der Antrag versucht sowohl die Sicht der Künstler als auch die der Nutzer unter einen Hut zu bringen, während er aber die Chancen des Internets sieht und nicht mit Ihrer pessimistischen Sicht an das Thema herangeht.
„Das wir in vielen Detailfragen unterschiedlicher Meinung sind ist klar. Vorrangig wurden die Beispiel genannt um zu belegen, dass man alle bekannten Eingriffsmechanismen ablehnt. Die Frage wie man den zu verbessernden Datenschutz gewährleisten will, bleibt somit völlig offen. Diesem Kritikpunkt weicht bisher jeder Grüne aus.“
Dass gerade nicht alle Eingriffsmechanismen abgelehnt werden, hatte ich Ihnen ja bereits in meiner letzten Mail dargelegt! Die Grundfrage ist aber, wie auf die Vielzahl an Urheberrechtsverstößen und die schwindende Akzeptanz des Urheberrechts reagiert werden soll. Während Sie, ohne nennenswerten Erfolge, den Ansatz der verstärkten Kriminalisierung der Nutzer verfolgen, versucht der grüne Antrag mit einer Reform des Urheberrechts auf die Probleme zu reagieren.
Nachdem Sie ursprünglich die Vorratsdatenspeicherung wollten, sind Sie jetzt für einen verstärkten Datenschutz?! Ich begrüße Ihre 180°-Drehung ausdrücklich, kann aber nicht erkennen an welcher Stelle die Grünen hier ausweichen würden! Vielleicht können Sie Ihren Vorwurf an dieser Stelle etwas konkretisieren.
„Dass die Grünen die freiwillige Löschung illegaler Inhalte und voreingestellte Filtersoftware doch zulassen wollen beruhigt. Wieso man es nicht schreibt bleibt aber unklar.“
Das steht doch im Antrag! In Zeile 352 ff. geht es um die Zertifizierung von Jugendschutzprogrammen. „Wichtig ist uns, dass die Kriterien, warum Inhalte zugänglich oder unzugänglich sein sollen, transparent und nachvollziehbar sind. Andernfalls ließe sich Missbrauch oder einseitige Kommerzialisierung nur schwerlich verhindern. Die ersten Entscheidungen der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) zur Zertifizierung von Jugendschutzprogrammen werden wir auf dieser Grundlage genauestens prüfen und den Einsatz und die Ergebnisse dieser Software kritisch begleiten.“ Damit wird deutlich, dass Jugendschutzsoftware nicht per se abgelehnt wird. Aber das hatte ich Ihnen ja auch bereits in der letzten Mail geschrieben, ebenso wie ich Ihnen auch bezüglich der Frage der Löschung illegaler Inhalte in meiner letzten Mail die entsprechende Stelle im Antrag genannt habe. Ihren Vorwurf an dieser Stelle kann ich daher nicht nachvollziehen!
„Netzneutralität – Hier verkürzen Sie die Debatte: Es gibt in der Diskussion Stimmen, die die Netzneutralität ausdrücklich auf legale Daten beziehen. Es gibt auch Sorgen, dass anderer Verkehr auf Druck einzelner Unternehme verlangsamt versendet wird.“
Ich bin mir einer Verkürzung der Debatte bewusst, sehe es an dieser Stelle aber als legitim an, da es lediglich um eine Widerlegung Ihrer Behauptung ging, durch eine Beibehaltung der Netzneutralität stiege die Zahl der Spammails. Dies hat aber, wie dargelegt, nichts miteinander zu tun! Ihrer Antwort entnehme ich, dass Sie Ihre diesbezügliche Behauptung nicht mehr aufrecht erhalten?!
„Wir halten nichts von der Kulturflaterate. Die Debatte können wir auch gerne führen. Der Vorwurf liegt aber insbesondere darin, dass man dieses erst als Konzept entwickeln will, während aber schon feststeht, dass die Urheberrechte eingeschränkt werden.“
Wie genau das Konzept der Kulturflatrate aussehen soll, richtet sich nach verschiedenen Faktoren, unter anderem auch nach der europäischen Ebene. Detailfragen sind daher nachvollziehbarer Weise noch ungeklärt, der Grundrahmen ist jedoch klar. Eine Einschränkung der Urheberrechte in ihrer bisherigen Form ist bei der Kulturflatrate jedoch zwingend. Sie ist die Grundlage für das Konzept. Daher trifft Ihr Vorwurf auf jeden zu, der über eine Kulturflatrate nachdenkt, aber noch kein fertiges Konzept vor Augen hat. Demnach ist Vorwurf generell auf eine Kulturflatrate bezogen und eben nicht auf die konkrete Diskussion bei den Grünen!
„Wenn man fremde Medieninhalte verbreiten darf, solange man keinen Gewinn erwirtschaftet (= Kostendeckung), dann ist der Verbreitung illegaler Medien Tor und Tür geöffnet. Abgesehen davon, dass dies von außen kaum noch beurteilbar bleibt, muss man nun einfach ein paar Kosten produzieren und schon ist die Verbreitung legal. Sorry, aber da können wir, die viel Geld dafür bezahlen, dass wir die Medieninhalte verbreiten dürfen, schon richtig sauer werden.“
Ich halte Ihre Argumentation nicht für stichhaltig. „Einfach ein paar Kosten produzieren“ und schon verdient man kein Geld mehr mit seiner Plattform! Ein Unternehmen das Geld verdienen will, muss zwangsläufig niedrigere Kosten als Einnahmen haben. Große Angebote, die ein Angebot bieten, das mit Ihnen in Konkurrenz treten kann, werden sich nicht als Hobbyprojekt etablieren lassen. Im Rahmen der Kulturflatrate werden die einzelnen Downloads erhoben. Sobald ein gewisser Umfang an Downloads von einer Plattform erreicht ist, wird man daher auf ein kommerzielles Angebot schließen können, für das dann entsprechende Abgaben fällig werden.
Für Ihr Angebot sehe ich aber aktuell eher die Gefahr von Seiten der legalen Angebote. iTunes und ähnliche Plattformen haben bereits gezeigt, dass sich große und komfortable legale Angebote nicht verhindern lassen und von den Nutzern angenommen werden! Es ist für Nutzer eben deutlich attraktiver sich abends einen Film über das Internet legal und komfortabel in guter Qualität auszuleihen, anstatt quer durch die Stadt zur nächsten Videothek zu fahren, um dann am nächsten Tag den Film wieder zurückzubringen.
So sehr ich Ihre Existenzsorgen verstehen kann, so wenig glaube ich, dass Sie mit Ihrer Angst vor der Zukunft im Internet in diesem Wettbewerb bestehen werden. Entweder Sie reagieren auf die Herausforderungen wie iTunes oder es wird Ihren Verband in 10 Jahren nicht mehr geben!
„Bezüglich Suchmaschinen: Geben Sie einmal einen aktuellen Filmtitel in Verbindung mit dem Wort Download bei Bing ein. Unter den ersten 10 Suchergebnissen befindet sich fast immer mindestes eine Verlinkung zu einem illegalen Angebot. Gleichzeitig gibt es dort Werbeanzeigen. Obwohl bei dieser Nutzung die Kreativen völlig leer ausgehen scheint dies den Grünen egal zu sein – oder soll Bing auch in die Flaterate einzahlen?“
Ich dachte an diesem Punkt an die Rolle der Suchmaschinen in der Diskussion um ein Leistungsschutzrecht für Verlage. Diese „argumentieren“ mit der gleichen Behauptung. In dem von Ihnen klargestellten Punkt gebe ich Ihnen Recht! An dieser Stelle profitieren die Suchmaschinen von illegalen Angeboten. Ich tue mich aber mit einer Lösung schwer, da eine Suchmaschine nicht die Legalität eines Angebots prüfen kann. Auch die Sperrung einzelner Suchbegriffe wäre nicht zielführend, da sie einerseits auch legale Angebote betreffen würde und andererseits umgangen würde. Eine abschließende Antwort auf diese Frage habe ich bisher nicht!
Mit freundlichen Grüßen
David Vaulont“